Pressespiegel
Wie funktioniert Föhr?
Ergebnisse einer Fallstudie präsentiert: Lob für Wellness-Resort am Südstrand, kritische Worte zum Tri-Island-Triathlon.
Die Insel Föhr und den Tourismus als eine Art „Mikrokosmos“ unter die Lupe zu nehmen, war das Ziel einer Fallstudie „wie funktioniert Föhr?“, die 20 Studentinnen des Studienganges Tourismusmanagement der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ostfalia in Salzgitter durchgeführt haben. Professor Stefan Küblböck und Lea Hildebrand präsentierten jetzt in Wyk die Ergebnisse der Arbeit, bei der das neue Hotel und seine Auswirkungen ein wichtiges Thema darstellten. Dazu wurden nicht nur Daten ausgewertet, sondern auch zahlreiche Akteure aus dem Gebiet des Fremdenverkehrs befragt. Zudem bemühten sich die Forscherinnen, die Entscheidungsstrukturen auf der Insel zu entschlüsseln.
Es sei ein landesweiter Trend, dass die Zahl kleinerer Hotels mit mindestens zehn Betten rückläufig ist, wobei dies auf Föhr besonders krass ausfällt, erklärte Küblböck. Das „typische“ Hotel auf der Insel sei ein kleiner beschaulicher Familienbetrieb. Doch aus der Beschaulichkeit könne Rückständigkeit werden. „Im Vergleich zu den Mitbewerbern an der Küste ist Föhr auf dem Hotelmarkt abgehängt worden“, stellte der Referent fest, wobei er dies noch nicht als großes Drama sah. Die Insel sei durch kleine Hotels und Ferienwohnungen geprägt.
Es sei aber auch festzustellen, dass die Urlaubswahl immer stärker durch ein Hotel bestimmt werde. Besonders in der Nebensaison seien neue Häuser mit klaren Konzepten gefragt. „Deren Unterkünfte gehen weg wie geschnitten Brot, wobei gerade die teuersten Suiten als erste gebucht werden. Auslastung und Umsätze sind bemerkenswert.“ Der Professor ist überzeugt davon, dass Investoren den Rückstand auf Föhr kennen und auf die Insel drängen. „Es werden in der Zukunft noch mehr Hotels auf der Insel entstehen, und es wird ein starker Anstieg bei den Ankünften und Übernachtungen zu erwarten sein.“
Das neue Hotel am Wyker Südstrand ist nach Küblböcks Überzeugung zu begrüßen, bedeute es doch eine Ausweitung der Saison und berge so auch Chancen für die ganze Insel. Das Hotel werde mit Sicherheit einige Monate lang ausgebucht sein, was sich dann positiv für andere touristische Anbieter auswirken werde. Den Betreibern kleinerer insularer Hotels gab er die Empfehlung, ein klareres Konzept zu entwickeln, Fachkräfte zu hegen, die Qualität der Unterkünfte zu verbessern und sich im Online- und Marketingbereich noch mehr Wissen anzueignen.
Ein weiterer Punkt der Untersuchung waren Großveranstaltungen auf Föhr, wie zum Beispiel der Tri-Island-Triathlon. Dabei kam der Experte zu der Überzeugung, dass für solche Events ein langer Atem nötig und die Frage der Sponsoren nicht unwichtig sei. Er sei auch skeptisch, so Küblböck, ob man beim Triathlon den richtigen Partner gehabt habe. Als Alternative regte er an, über die Ausweisung eines speziellen Strandabschnittes für Events nachzudenken.
Der Frage, wie Föhr funktioniert, ging Lea Hildebrand nach. Dabei beschäftigte sie sich mit dem Zusammenspiel der einzelnen Akteure und der Frage, wer dieses Zusammenspiel steuert. Dazu waren unter anderem eine Reihe von Interviews geführt worden. Deutlich wurden fehlende Absprachen bemängelt, die in der Nebensaison zu Folge haben, dass kaum eine Gaststätte geöffnet ist. Besondere Probleme bereiten zudem die Situation auf dem Wohnungsmarkt und damit verbunden der Mangel an Fachkräften. Konflikte werden im nicht einfachen Verhältnis zwischen Wyk und den Landgemeinden gesehen. Auch die Aufspaltung der Föhr Tourismus GmbH in FTG und Wyker Touristik GmbH werde kritisch gesehen. „Aus einer starken Fremdenverkehrsorganisation sind zwei schwache geworden“, fasste Hildebrand die Ergebnisse zusammen. Auch zur insularen Kommunalpolitik gab es kritische Anmerkungen: Es wurden Unübersichtlichkeit und mangelnde Zusammenarbeit erwähnt und kritisiert, dass bei den Akteuren die Trennung von persönlichen und politischen Interessen nicht immer ersichtlich sei.
Lea Hildebrands Rat für die Zukunft lautete: Lange und komplexe Entscheidungswege sollten abgekürzt werden, wobei zu überdenken sei, ob eine Gemeinde Föhr und eine Tourismusorganisation die Lösung sein könnten.
In der anschließenden Diskussion ging es ebenfalls um die langwierigen Entscheidungswege, die sich von einer Sitzung zur nächsten hinziehen. Konstatiert wurde auch, dass die insulare Kommunalpolitik in den vergangenen fünf Jahren durch absoluten Stillstand geprägt war. Lea Hildebrand brachte es auf den Punkt: „Es ist nicht nachzuvollziehen, dass es, wenn man es wirklich will, so lange gedauert hat, bis ein Hotel gebaut wurde.“
Quelle: https://www.shz.de/ 04. Juni 2018